Die erweiterte Herstellerverantwortung (EPR – Extended Producer Responsibility)
Novelle des Verpackungsgesetzes 2021
Seit dem 01.01.2019 gilt in Deutschland das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (VerpackG). Zur Umsetzung europäischer Vorgaben aus der Einwegkunststoffrichtlinie (EU) 2019/904 sowie der novellierten Abfallrahmenrichtlinie (EG) 2008/98 wurde das VerpackG nun angepasst. Daneben wurden weitere Aktualisierungen und Änderungen vorgenommen.
Was regelt das Verpackungsgesetz?
Das Gesetz legt die Anforderungen an die Produktverantwortung nach § 23 KrWG für Verpackungen mit der Zielsetzung fest, die Auswirkungen von Verpackungsabfällen auf die Umwelt zu vermeiden oder zu verringern. Das VerpackG richtet sich primär an Hersteller und Inverkehrbringer verpackter Waren.
Hersteller im Sinne des VerpackG ist gem. § 3 Abs. 14 „derjenige Vertreiber, der Verpackungen erstmals gewerbsmäßig in Verkehr bringt“. Als Hersteller gelten auch Importeure. Als Letztvertreiber gilt nach § 3 Abs. 13 VerpackG „derjenige Vertreiber, der Verpackungen an den Endverbraucher abgibt.“
Demnach ist das erstmalige Inverkehrbringen Anknüpfungspunkt unter anderem für die Systembeteiligungspflicht von bestimmten Verpackungen und nicht eine Herstellereigenschaft etwa im produkthaftungsrechtlichen Sinne.
Wesentliche Neuerungen - was ändert sich für Unternehmen?
Registrierungspflicht für Letztvertreiber von Serviceverpackungen - § 7 Abs. 2 S. 3 VerpackG
Bei Letztvertreibern von Serviceverpackungen handelt es sich um diejenigen, die Serviceverpackungen mit Ware befüllen. Serviceverpackungen sind Verpackungen, die erst bei Übergabe der Ware befüllt werden, etwa Coffee-to-go-Becher, Tragetaschen oder Frischhaltefolien.
Für diese besteht ab dem 1. Juli 2022 die Verpflichtung zur Registrierung im Verpackungsregister LUCID bei der Stiftung Zentrale Stelle.
Eine Pflicht zur Mengenmeldung ist damit nicht verbunden.
Die bisherigen Privilegierungen der Letztinverkehrbringer von Serviceverpackungen, die Herstellerpflichten auf den Vorvertreiber übertragen zu können, werden damit wie folgt eingeschränkt: Die Systembeteiligungspflicht kann weiterhin auf den Vorvertreiber delegiert wer-den, die Registrierungspflicht dagegen nicht mehr.
Bei der Registrierung ist eine Erklärung abzugeben, dass nur bereits systembeteiligte Serviceverpackungen in Verkehr gebracht werden gem. § 9 Abs. 2 Nr. 6 VerpackG.
Registrierungspflicht für sämtliche Hersteller - § 9 Abs. 1 VerpackG
Ab dem 1. Juli 2022 besteht für sämtliche Hersteller von Verpackungen die Verpflichtung zur Registrierung im Verpackungsregister LUCID bei der Stiftung Zentrale Stelle. Damit wird die bisherige Registrierungspflicht nur für Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, also von mit Ware befüllten Verpackungen, die typischerweise bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen, auf sämtliche Hersteller und Inverkehrbringer von verpackten Waren ausgeweitet.
Die Neuerung betrifft insbesondere den gewerblichen Bereich (§ 15 Abs. 1 VerpackG):
• Transportverpackungen
• Verkaufs- und Umverpackungen im gewerblichen Bereich
• „systemunverträgliche“ Verkaufs- und Umverpackungen
• Verkaufsverpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter
• Mehrwegverpackungen (die dort neu mit aufgelistet werden).
Hersteller, die bereits in LUCID registriert sind und die sowohl systembeteiligungspflichtige als auch nicht systembeteiligungspflichtige Verpackungen in Verkehr bringen, müssen sich bezüglich der von ihnen in Verkehr gebrachten nicht systembeteiligungspflichtigen Verpackungen ebenso registrieren.
Nicht einbezogen in die Registrierungspflicht werden hingegen Hersteller von (noch) unbefüllten Verpackungen, da diese nicht der Systembeteiligungspflicht unterliegen können und somit auch für den Datenabgleich der Zentralen Stelle nicht relevant sind.
Bei der Registrierung sind die jeweiligen Verpackungsarten gesondert anzugeben, aufgeschlüsselt nach systembeteiligungspflichtigen Verpackungen, sonstigen Verpackungen und pfandpflichtigen Getränkeverpackungen (9 Abs. 2 Nr. 6 VerpackG).
Die Registrierungspflicht gilt gem. § 12 VerpackG nicht für Verpackungen (unabhängig ihrerSystembeteiligungspflicht), die nachweislich nicht in Deutschland an den Endverbraucher ab-gegeben werden.
Klarstellung bei der Datenmeldung - § 10 Abs. 1 S. 3 und 4 VerpackG
Hersteller systembeteiligungspflichtiger Verpackungen haben sich ab dem 3. Juli 2021 bei der Mel-dung an die Zentrale Stelle bezüglich der Angaben zur Materialart der Verpackungen an den in §16 Abs. 2 VerpackG aufgeführten Materialarten zu orientieren: Glas, PPK, Eisenmetalle, Aluminium, Getränkekartonverpackung, sonstige Verbundverpackung und Kunststoffe.
Verbundverpackungen, die aufgrund ihres über 95 % igen Hauptmaterialbestandteils von den dualen Systemen gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 VerpackG zusammen mit dem Hauptmaterialstromverwertet werden müssen, sind in der Meldung als Verpackungen der jeweiligen Hauptmaterialart anzugeben und damit nicht als Verbundverpackungen.
Neue Informationspflichten - § 15 Abs. 1 S. 5 VerpackG
Letztvertreiber von Verpackungen nach § 15 Abs. 1 VerpackG, also Verpackungen, die nicht system-beteiligungspflichtig sind, müssen ab 3. Juli 2021 den Endverbraucher durch geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren.
Verpackungen nach § 15 Abs. 1 VerpackG fallen regelmäßig im gewerblichen Bereich an. Ineinigen Fällen werden diese mit Ware befüllten Verpackungen auch an den Endverbrauchergeliefert.
Wie genau die Informationspflicht zu erfüllen ist, ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Entscheidend ist, dass der Endverbraucher über die Rückgabemöglichkeit informiert wird. Dies kann durch einen Hinweis auf der Website erfolgen, durch einen Beilagenzettel oder auch Aufdruck auf den Lieferpapieren.
Neue Nachweispflichten - § 15 Abs. 3 S. 3 VerpackG
Hersteller und Vertreiber von Verpackungen nach § 15 Abs. 1 VerpackG, also nicht systembeteili-gungspflichtigen Verpackungen, haben ab dem 1. Januar 2022 über die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungsanforderungen Nachweis zu führen.
Dies galt bislang nur für Hersteller und in der Lieferkette nachfolgende Vertreiber von Verkaufsverpackungen mit schadstoffhaltigen Füllgütern und Verkaufs- und Umverpackungen, die nicht systemverträglich sind. Nun sind auch insbesondere Transportverpackungen, Verkaufs- und Umverpackungen und Mehrwegverpackungen einbezogen, die nach Gebrauch typischerweise nicht bei privaten Endverbrauchern als Abfall anfallen.
Von der Nachweispflicht betroffen sind nur diejenigen Verpackungen, die tatsächlich an den Hersteller oder Vertreiber zurückgegeben wurden. Sofern die Entsorgung auf den Endver-braucher übertragen wurde und die Verpackung daher nicht von dem Hersteller oder Vertreiber zurückgenommen wird, besteht keine Nachweispflicht.
Zur Bewertung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Dokumentation sind geeignete Mechanismen zur Selbstkontrolle einzurichten. Es ist zu dokumentieren wie viele Verpackungen in einem Kalenderjahr in Verkehr gebracht und zurückgenommen wurden und in welcher Weisediese verwertet wurden. Die Nachweise sind nicht aktiv beizubringen, sondern nur vorzuhalten und auf Nachfrage den zuständigen Behörden vorzulegen.
Prüfpflicht im E-Commerce - § 7 Abs. 7 VerpackG
Für Betreiber elektronischer Marktplätze und Fulfillment-Dienstleister besteht ab dem 1. Juli 2022 die Verpflichtung zur Überprüfung der vertraglich gebundenen Hersteller im Hinblick auf deren Pflichten aus dem Verpackungsgesetz. Diese Akteure haben danach zu überprüfen, ob die Hersteller registriert und an einem System beteiligt sind. Ist dies nicht der Fall, greift ein Vertriebsverbot.
Die Akteure werden wie folgt definiert: §3 Abs. 14b VerpackG: „Elektronischer Marktplatz ist eine Website oder jedes andere Instrument, mit dessen Hilfe Informationen über das Internet zur Verfügung gestellt werden und die oder, dass es Vertreibern, die nicht Betreiber des Marktplatzes sind, ermöglicht, Waren in eigenem Namen in Verkehr zu bringen. Betreiber eines elektronischen Marktplatzes ist jede natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die einen elektronischen Marktplatz unterhält und es Vertreibern ermöglicht, über diesen Marktplatz Waren in Verkehr zu bringen.“
§3 Abs. 14c VerpackG: „Fulfillment-Dienstleister ist jede natürliche oder juristische Person oderrechtsfähige Personengesellschaft, die im Rahmen einer Geschäftstätigkeit mindestens zwei der fol-genden Dienstleistungen für Vertreiber im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbietet: Lagerhaltung,Verpacken, Adressieren und Versand von Waren, an denen sie kein Eigentumsrecht hat. Post-, Paket-zustell- oder sonstige Frachtverkehrsdienstleister gelten nicht als Fulfillment-Dienstleister.“
Das bedeutet im Fall von Betreibern von elektronischen Marktplätzen, dass diese das Anbieten von Waren in systembeteiligungspflichtigen Verpackungen zum Verkauf nicht ermöglichen dürfen, wenn die Hersteller nicht registriert und an einem System beteiligt sind.
Fulfillment-Dienstleister dürfen keine Leistungen im Sinne von Lagerhaltung, Verpacken, Adressieren und Versand von Waren in Bezug auf Waren in systembeteiligungspflichtigen Verpackungen erbringen, wenn die jeweiligen Auftraggeber nicht registriert und an einem System beteiligt sind
Zur Überprüfung ausreichen kann in der Regel die Vorlage einer auf den jeweiligen Herstellerausgestellten Systembestätigung nach § 7 Abs. 1 S. 3 VerpackG. Die Hersteller sollten rechtzeitig auf diese neue Nachweiserbringung hingewiesen und dazu aufgefordert werden.
Fulfillment-Dienstleister sind gem. § 7 Abs. 7 S. 3 VerpackG nicht als Inverkehrbringer von Versandverpackungen anzusehen, selbst wenn sie die Versandverpackungen selbst mit Ware befüllen, stattdessen gilt ihr Auftraggeber als Inverkehrbringer.
Einsatz von Mindestrezyklatanteil bei Einwegkunststoffgetränkeflaschen - § 30a VerpackG Für Einwegkunststoffgetränkeflaschen wird erstmals eine Mindestrezyklateinsatzquote festgelegt gem. § 30a VerpackG.
Ab 1. Januar 2025 müssen PET-Einwegkunststoffgetränkeflaschen zu jeweils mindestens 25Prozent aus Rezyklaten bestehen.
Ab 1. Januar 2030 wird dies ausgeweitet. Dann müssen sämtliche Einwegkunststoffgetränkeflaschen zu jeweils mindestens 30 Prozent aus Rezyklaten bestehen.
Die Erfüllung der Rezyklateinsatzquote ist flaschenbezogen oder auf die Gesamt-Flaschen-masse bezogen über ein Jahr verteilt möglich. Die Hersteller können hier frei entscheiden. Die Dokumentation ist der zuständigen Landesbehörde vorzulegen. Bezüglich der Berechnung und Überprüfung der Quoten erlässt die EU-Kommission bis zum1.Januar 2022 eine Durchführungsverordnung.
Nach § 30a Abs.3 VerpackG finden diese Bestimmungen keine Anwendung auf Einwegkunststoffgetränkeflaschen, bei denen der Flaschenkörper aus Glas oder Metall besteht und nur die Deckel, Umhüllungen oder die Etikette aus Kunststoff bestehen.
Ausweitung der Pfandpflicht - § 31 Abs. 4 VerpackG
Mit der Neureglung des § 31 Abs. 4 VerpackG endet die bisherige Ausnahmeregelung für bestimmte Getränke. Die Pfandpflicht wird vielmehr auf weitere Getränkearten ausgeweitet. Bei Getränkedosen sind viele Getränke bereits pfandpflichtig; neu hinzu kommen nur einzelne Produkte wie Apfelwein, Cider, alkoholische Mischgetränke und einzelne Energydrinks.
Inverkehrbringer von Getränken in Einwegverpackungen haben künftig Folgendes zu beachten:
Ab 1. Januar 2022 gilt die Pfandflicht auf alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen sowie auf sämtliche Getränkedosen.
Für Milch- und Milcherzeugnisse besteht eine Übergangsfrist, hier gilt die Pfandpflicht für diese Getränkeverpackungen erst ab 1. Januar 2024.
Bis zum 30. Juni 2022 greift eine Übergangsfrist für „Altbestände“. Einwegkunststoffgetränkeflaschen und -dosen, welche bis 1. Januar 2021 in Verkehr gebracht wurden, dürfen weiter ohne Pfand verkauft werden.
Nach § 12 Abs. 2 sind die Hersteller (Abfüller) von Getränken in pfandpflichtigen Verpackungen bei der Zentralen Stelle zu registrieren.
Zwingendes Angebot von Mehrwegalternativen - §§ 33, 34 VerpackG
Für Letztvertreiber/Befüller von Einwegkunststoffbehältern mit Lebensmitteln oder Einweggetränkebechern (Restaurant, Café, Bistro) besteht ab 1. Januar 2023 die Pflicht zum Angebot einer Mehrwegalternative in Bezug auf Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und Einweggetränkebecher.
Die Mehrwegalternative darf „keine schlechteren Konditionen“ oder einen höheren Preis haben als das gleiche Produkt in Einwegverpackungen.
Eine Bepfandung der Mehrwegverpackung ist erlaubt (und wird empfohlen)
Die Mehrwegverpackung ist vom Letztvertreiber zurückzunehmen. Andere als von ihm in Verkehr gebrachte Verpackungen müssen nicht angenommen werden.
Ausnahmeregelung: Für kleine Unternehmen mit einer Verkaufsfläche bis 80 m² und maximal fünf Mitarbeitern (z. B. Imbisse, Spätkauf-Läden, Kioske, aber keine Filialen) gilt: Diese müssen keine Mehrwegalternativen anbieten.
Sie können anstelle des o. g. Mehrwegangebots ihren Kunden auch anbieten, die von diesen mitgebrachten Behältnissen zu befüllen, sofern dies gewünscht wird.
Benennung Bevollmächtigter - § 35 Abs. 2 VerpackG
Ab dem 3. Juli 2021 besteht für Hersteller, die über keine Niederlassung in Deutschland verfügen, die Möglichkeit, einen Bevollmächtigten im Sinne von § 3 Abs. 14a VerpackG mit der Erfüllung der Herstellerpflichten zu beauftragen (§ 35 Abs. 2 VerpackG).
Der Bevollmächtigte ist im Hinblick auf die im VerpackG geregelten Pflichten als Herstelleranzusehen und tritt in die Pflichtenstellung des beauftragenden Herstellers ein.
Voraussetzungen:
Die Beauftragung muss schriftlich und in deutscher Sprache erfolgen.
Der Bevollmächtigte muss eine in Deutschland niedergelassene, juristische Person sein.
Jeder Hersteller darf nur einen Bevollmächtigten beauftragen.
Die Registrierung nach § 9 Abs. 1 VerpackG ist von dem originären Hersteller selbst wahrzunehmen, kann also nicht an den Bevollmächtigten delegiert werden